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Mittwoch, 14. März 2018

Anlage bei Wind abschalten?

Anlage bei Wind abschalten

Nur mit Glück ist niemand in Etteln zu Schaden gekommen

Zur havarierten Windkraftanlage in Etteln.
Ernüchternd ist das Bild des havarierten Windrads mit seinen hängenden Flügeln, während am Tag zuvor ein ganz anderes Bild den Segen der 489 Windräder im Kreisgebiet feierte. Nun sind Wrackteile bei schwachem Wind über hunderte Meter weit geschleudert worden. Dass niemand zu Schaden gekommen ist, ist außerordentlichem Glück zu verdanken. Die Stellungnahmen von Hersteller und Genehmigungsbehörde fallen dürftig aus. Lediglich der Bürgermeister von Borchen hat mit dem geforderten Baustopp vorsorglich gehandelt.
Bei dem ersten Fall südlich von Dörenhagen waren, bevor der Öffentlichkeit bewusst wurde, was passiert war, in wenigen Tagen der Schrott weggeräumt und ein neuer Propeller installiert worden. Beim zweiten Fall nördlich von Dörenhagen hatte der Betreiber vor seinem Haus für Ersatz gesorgt und konnte schnell reagieren, während die Genehmigungsbehörde das anders sah.
Es ist die dritte Havarie im näheren Umfeld – und sie berechtigt dazu, dass man Bedenken an der Sicherheit dieser Anlage anmeldet. Unabhängige Untersuchungen des Störfalls und behördlicher Handlungsbedarf dürften nunmehr gefordert sein. Da bleibt nur: Um jedes Windrad eine Sicherheitszone einzurichten, in der Spaziergänger und Bauern sich nur bei Windstille aufhalten dürfen. In der Nähe des Unglücksortes liegt die Bundesstraße. Es müsste entweder die Straße bei Wind gesperrt oder die Windräder abschaltet werden. Zugunsten eines Schwarzstorchpaares wurden in Lichtenau Windräder vorsorglich abgeschaltet, wenn sich der Vogel nähert, damit er nicht geschreddert wird. Bemerkenswert ist, wie Mandatsträger, Bürgermeister und Landrat um Standorte streiten und Menschen in betroffenen Kommunen zerstritten sind. Und die Planer haben keine Freude mehr, wenn die Flächennutzungspläne von Gerichten reihenweise gekippt werden. Ursache dieser Entwicklung ist das Bundesgesetz, wozu unsere hiesigen Mandatsträger sich erstaunlich zurück halten. So ist zu befürchten, dass die weitere Zerstörung der Paderborner Landschaft mit dem damit verbundenen Sicherheitsrisiko nicht aufzuhalten ist. Wo 489 Windräder stehen, können es auch 1000 sein.
ALFONS LANGHANKI
Wewelsburg

Ja, wer ist denn nun der Schuldige?

 

»Handbremse nicht angezogen«

Enercon weist Vermutungen von Westfalen-Wind zurück und lehnt Spekulationen zu Unfall ab

Etteln/Bad Lippspringe (bel). Nicht nur in Borchen wird die Havarie der Windkraftanlage bei Etteln mit Sorge und Kritik beobachtet. Auch in Bad Lippspringe, wo derzeit ein neuer Flächennutzungsplan für Windenergie erarbeitet wird, fallen kritische Töne. Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) sieht einen Betriebsstopp für die Anlagen gleichen Typs als logische Konsequenz an. Zu befürchten sei jedoch, so die FWG, »dass dies nicht geschieht und die Anwohner Ettelns weiter mit der Gefahr leben müssen.« Darüber hinaus dürfte der Fall auch eine Diskussion über neue Sicherheitsabstände auslösen. »Was wäre, wenn ein gleicher Vorfall in unmittelbarer Nähe einer stark befahrenen Straße passiert wäre, oder wenn die Anlage in der Nähe von Wohngebäuden gestanden hätte?«, fragt die FWG auf ihrer Homepage.
Derzeit wird nach der Unfallursache geforscht (wir berichteten am Dienstag). Der Hersteller Enercon äußerte gestern auf Anfrage klipp und klar, dass man sich auf keinen Fall an Spekulationen über mögliche Ursachen beteiligen werde, sondern die Ergebnisse des Gutachtens abwarte.
Westfalen-Wind als Noch-Nicht-Eigentümer der Anlage geht in der Unfallursachen-Forschung bereits davon aus, dass das von Enercon beauftragte Aufbauteam einen Fehler gemacht und gegen eine Vorschrift verstoßen habe. Deshalb gebe es auch keinen Grund, so Westfalen-Wind, nach diesem Vorfall die Sicherheit fertig installierter und in Betrieb befindlicher Anlagen des Typs E-115 in Frage zu stellen. Westfalen-Wind in einer Presseerklärung: »Zu vergleichen ist das Unglück mit einem Auto ohne Handbremse, das achtlos auf einer Gefällstrecke abgestellt wurde.«
Ungeachtet der Ursachenforschung könnte die Havarie der Anlage weitreichende Folgen haben. Die E-115 ist nicht nur das aktuelle Flaggschiff von Enercon und dreht sich auch im Kreis Paderborn bereits 44 mal. Weitere 18 Räder sind darüber hinaus bereits genehmigt und teilweise im Bau. Weitere 24, so der Kreis Paderborn zu den aktuellen Zahlen, sind derzeit in Planung. Der Kreis selbst hat zwei E-115 Anlagen zu Jahresbeginn in Betrieb genommen. Allein hier betrug die Investition für diese beiden Räder auf der Alten Schanze 10,6 Millionen Euro.
Zu klären wird in den kommenden Tagen und Wochen auch sein, wie mit den einzelnen Bruchstücken der Anlage umzugehen sein wird. Hier hatte der Kreis Paderborn das Aufsammeln und die fachgerechte Entsorgung angekündigt unter Aufsicht von Fachleuten der Landwirtschaftkammer. Der Kreis wollte zudem Bodenproben entnehmen, um eventuell verbliebene Rückstände aufzuspüren, so die Ankündigung am Montag. Ein direkt Betroffener hat inzwischen auch den Landrat unter anderem dazu aufgefordert, die Flügel auf Haltbarkeit und Zusammensetzung hin zu überprüfen. Er habe in einer Entfernung von mehr als 600 Meter von der Anlage bis zu 15 Zentimeter große Fiberglasteile gefunden. Dies Teile könnten nicht nur Menschen, sondern auch die Tierwelt wie beispielsweise Vögel gefährden.

Montag, 12. März 2018

Vorzeige-Windrad zerlegt


Fragen und Kritik nach der Havarie einer neu gebauten Enercon E-115

 Von Bernhard Liedmann / WV v. Seite 12 v. 10.03.2018
Etteln(WV). Einen Großeinsatz der Polizei löste die Havarie einer Windkraftanlage bei Etteln am Donnerstagabend aus. Teile der tonnenschweren Flügel einer Enercon E-115 flogen bis zu einige hundert Meter auf die Feldflur. Großräumig wurde im Umkreis der Anlage das Areal in einem Radius von 500 Metern abgesperrt.
Als erste Reaktion fordert Borchens Bürgermeister Reiner Allerdissen einen Baustopp sowie einen Betriebsstopp für solche Anlagen. Der Kreis Paderborn sieht für eine Stilllegung keinen Anlass, da die Ursache noch nicht bekannt sei, die Anlage auch noch nicht abgenommen und in Betrieb gewesen sei. Derzeit sind im Kreis Paderborn 44 Anlagen dieses Typs in Betrieb, zwei E-115 hat jüngst auch der Kreis Paderborn auf der Deponie Alte Schanze in Betrieb genommen.
Gegen 19.30 Uhr erfolgte die Alarmierung der Polizei. Sie riegelte das Areal beim Höhen- und Talweg in Etteln großräumig ab. Die klare Order an die Einsatzkräfte war, dass aufgrund von herumfliegenden Flügelteilen eine Lebensgefahr bestehe. Personen kamen bei dem Unfall glücklicherweise nicht zu Schaden, ein Gutachter klärt mögliche Ursachen.
Die E-115 ist das aktuelle Flaggschiff von Enercon. Weltweit laufen derzeit 820 Anlagen des Typs mit einer Gesamthöhe von 206 Metern. Jeder Flügel hat eine Länge von 57 Metern. Allein das Gewicht der Maschine auf dem Turm beträgt etwa 270 Tonnen.
Die Anlage war von Enercon gerade gebaut worden und sollte am 31. März an die Westfalenwind Etteln übergeben werden, um in Betrieb zu gehen. Die Westfalenwind-Gruppe betreibt aktuell elf dieser Anlagen und baut insgesamt sieben E-115 bei Etteln.
Enercon geht in einer Presseerklärung davon aus, dass die Anlage, die noch nicht in Betrieb gewesen sei, in eine »Überdrehzahl geraten« und es so zu Beschädigungen der Rotorblätter gekommen sei. Nach Auskunft von Enercon-Pressesprecher Felix Rehwald dreht sich eine solche Anlage mit drei bis zwölf Umdrehungen pro Minute. Bei kritischen Windgeschwindigkeiten würden die Rotorblätter aus dem Wind gedreht. Dies sei hier wohl nicht geschehen. Rehwald: »Nach Abschluss der Ermittlungen soll die beschädigte Anlage schnellstmöglich repariert und in Betrieb genommen werden.« Ähnliche Vorfälle habe es in der Vergangenheit zwar bei anderen Anlagen gegeben, bei einer E-115 jedoch noch nicht.
Gerade vor dem Hintergrund, dass es sich um eine neue Anlage handelt, die gerade erst aufgerichtet worden sei, fordert der Borchener Bürgermeister einen Baustopp »bis zur Klärung der Unfallursache und wegen der offensichtlichen Gefahr.« Allerdissen sprach am Freitag vor Ort von einem »großen Schadensbild«.
Unmittelbare Konsequenzen fordert auch die Borchener Bürgerinitiative Gegenwind. Nur durch viel Glück sei niemand zu Schaden gekommen. Kritisiert wird insbesondere, dass die Polizei erst durch einen Jagdpächter alarmiert worden sei und nicht durch den Betreiber. Borchener Bürger lehnten auch aus Gründen der Sicherheit Windkraftanlagen ab. Auch in diesem Fall seien Trümmer mehrere hundert Meter weit geschleudert worden. Die Initiative fordert eine vollständige und transparente Aufklärung der Bürger und wie es dazu kommen könne »dass sich ein neues Windrad zerlegt.« Auch der Gefahrenbereich rund um solche 200 Meter hohen Anlagen müsse neu geprüft werden, so Patrick Büker für die Initiative.
Westfalenwind verweist bei dieser Anlage darauf, dass sie wie auch die anderen Anlagen im Bereich Etteln noch im Eigentum von Enercon seien. Derzeit betreibt die Gruppe elf E-115-Räder, darunter zwei im Windpark Haaren-Leiberg, fünf im Windpark Huser Klee und vier im Windpark Kittelbusch. Sie liefen ohne Probleme. Den Schaden bei der Ettelner Anlage konnte Enercon noch nicht beziffern. Der durchschnittliche Neuwert eines solchen Rades liege bei etwa drei Millionen Euro, so das Unternehmen. Den letzten ähnlichen Vorfall hatte es im Mai 2016 bei Dörenhagen gegeben. Aufgrund eines Tornados waren Flügelteile einer älteren Tacke-Anlage abgerissen und weiträumig weggeschleudert worden.

 Siehe auch hier diesen Link:

http://gegenwind-borchen.de/windrad-havarie-neue-200m-windkraftanlage-in-borchen-voellig-zerfetzt